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Die tollkühnen Tiefflieger von Rothenburg

Unter den Skispringern ist Tom noch ein Kleiner, aber die Schanze erklimmt er wie ein Großer. Angst? Pah! Wovor denn? - Na, zum Beispiel davor, sich bei der Landung gehörig auf die Nase zu legen. Tom winkt ab - "tut doch gar nicht so weh", sagt er. "Ich bin ja gut gefüttert." Spricht's, schultert sein Sportgerät und macht sich erneut an den Aufstieg zur Zwergenschanze im Rothenburger Nussgrund.

Mit seinen sieben Jahren gehört Tom an diesem Wochenende zu den jüngsten Tieffliegern. Zum zweiten Mal hat der Ski- und Freizeitverein Rothenburg quasi zum Tag der offenen Schanze eingeladen, das Ganze aber zeitgemäßer "Skisprung-Casting" genannt. Gesucht sind: Junge Leute, die sich fürs Skispringen interessen.

Betonung auf "jung", denn: Mit dem Skispringen beginnt man tatsächlich am besten möglichst zeitig. Weil die Kinder einfach am wenigsten Angst haben, sagt Patrick Valentin. Der ist zwar erst 23 Jahre alt, aber seit Januar Vereins-Vorsitzender. Valentin segelte im zarten Alter von sechs Jahren zum ersten Mal die Zwergenschanze hinab - und hält aktuell mit einer Weite von 38 Metern sogar den Rekord vom größten Sprungturm, der Peter-Ott-Schanze.

So weit wird Tom von der Zwergenschanze nicht fliegen können. Dort liegt der Rekord bei neun Metern. Gehalten wird er von Andreas Wank, einem jener Ziehkinder der Rothenburger, das es inzwischen zu zahlreichen Erfolgen gebracht hat - zuletzt, 2010, zum zweiten Platz im Mannschaftswettbewerb bei der Olympischen Winterspielen in Kanada. Merke: Auch Rothenburg kann der Ausgangspunkt sein für Karrieren. Tom freilich musste gar nicht mehr überzeugt werden; er ist seit etwa einem halben Jahr dabei.
Und auch Arnold scheint "Blut geleckt" zu haben. Der Zehnjährige sah den Hinweis auf die Veranstaltung an seiner Schule, dem Wettiner Burg-Gymnasium. Seitdem lag er seiner Mutter in den Ohren: Da muss ich hin! So absolviert er nun die ersten Übungen. Eine davon besteht daraus, den Hang unterhalb der Zwergenschanze sicher auf Skiern hinabzurutschen.

Vereinschef Valentin steht mit den Neueinsteigern unterm Schanzentisch, umgreift den Neueinsteiger von hinten an der Hüfte und erklärt die korrekte Haltung. Dann lässt er los - und Arnold rutscht. Zehn, zwanzig Meter gleitet er über die grünen Matten, die zwischen den Sprüngen immer wieder gewässert werden.

Nach mehreren Hang-Abfahrten versucht sich Arnold dann an seinem ersten Sprung. Und landet prompt sicher. Die Zuschauer applaudieren. Zwischendurch durchschneidet immer wieder ein zischendes Geräusch die Luft - immer dann, wenn sich jemand von der größten der drei Schanzen wagt. Die ist zwar "nur" 54 Meter hoch, aber wenn die Springer an den Zuschauern vorbeiwischen, dann ist das ungleich eindrucksvoller als jedes Neujahrsspringen im Fernsehen. Aber müssen da nicht alle Eltern verzweifeln, wenn das Kind ausgerechnet vom Skisprung-Virus infiziert ist? Das ist doch gefährlich! Patrick Valentin winkt ab: "Fußball ist gefährlicher." Zehn neue Interessierte hätten am Wochenende Skisprung-Luft geschnuppert, freut sich der Vereinschef anderntags. Einige wollten wiederkommen. Eine "Ausbeute", mit der Valentin zufrieden ist.